Wie ist laut Stufenplan bzw. Maßnahmenkatalog das konkrete Vorgehen bei der Ansprache einer Suchtproblematik?

Beitrag
Auszug aus der Regelungsabrede zur Suchtprävention und zum Verhalten gegenüber suchtmittelgefährdeten bzw. –abhängigen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen bei der LVM Versicherung:
Der Stufenplan ist ein Interventionsleitfaden, der eine Abfolge von fünf Stufengesprächen vorsieht. Voraussetzung ist ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche bzw. dienstrechtliche Pflichten oder deren Vernachlässigung im Zusammenhang mit Suchtmittelkonsum oder suchtbedingtem Verhalten.
Das komplette Hilfsangebot entwickelt sich in mehreren Stufen mit einer Staffelung der Maßnahmen und Konsequenzen, da ein Gespräch in der Regel nicht ausreicht, einem oder einer gefährdeten oder süchtigen Mitarbeiter:in zu helfen. Ziel ist es, bei dem oder der betroffenen Mitarbeiter:in Einsicht zu bewirken, damit er oder sie aus eigenem Entschluss - wenn nötig mit Hilfe der LVM – therapeutische Maßnahmen beginnt.
Besonders die Umsetzung der Stufen 1 und 2 ist abhängig von den Führungskräften. In diesen Phasen sind alle Beteiligten aufgefordert, sich durch den Bereich Gesundheit und Soziales beraten und unterstützen zu lassen, um Sicherheit in der Einschätzung des Falles und zum Vorgehen im Gespräch zu erhalten. Die in den Stufen stattfindenden Gespräche werden von unterschiedlichen Stellen initiiert, wobei die unmittelbare Führungskraft den engsten Kontakt zur bzw. zum betroffenen Mitarbeiter:in hält und bei allen Gesprächen anwesend ist.

Zum Ablauf des Verfahrens:

  1. Das Durchlaufen der einzelnen Stufen wird jeweils dann unterbrochen, wenn sich das Verhalten des oder der betroffenen Mitarbeiter:in erkennbar und belegbar ändert und er oder sie aktiv an der Genesung mitarbeitet.
  2. Treten nach positiven Veränderungen erneut Verhaltensauffälligkeiten auf, setzen die Maßnahmen an dem Punkt wieder ein, an dem sie abgebrochen wurden.

Stufe 1:

VERTRAULICHES Gespräch
Aktivitäten der unmittelbaren Führungskraft
Teilnehmer:innen: unmittelbare Führungskraft und betroffene:r Mitarbeiter:in

Inhalt:

Entsteht der Eindruck, dass ein:e Mitarbeiter:in suchtgefährdet sein könnte, führt die unmittelbare Führungskraft ein vertrauliches Gespräch. Der bzw. die betroffene Mitarbeiter:in ist auf die beobachteten Auffälligkeiten und Störungen am Arbeitsplatz sowie auf den vermuteten Zusammenhang mit Suchtmitteln aufmerksam zu machen.
Die Regelungsabrede und der darin aufgezeigte Maßnahmenkatalog werden vorgestellt, Hilfsmöglichkeiten werden aufgezeigt. Dies ist ein vertrauliches Gespräch, es hat keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen, daher werden Inhalte nicht an die Abteilung Personal weitergegeben.
Das heißt konkret:
  • Die Führungskraft spricht das beobachtete Fehlverhalten oder die aufgezeigten Leistungsmängel konkret an
  • Sie weist den oder die betroffene:n Mitarbeiter:in auf die Auswirkungen weiteren Fehlverhaltens des Fortbestehens der Leistungsmängel hin (gemäß Maßnahmenkatalog)
  • Sie weist darauf hin, dass ein eventueller AbAp in Stufe 2 vorübergehend ausgesetzt wird
Sie zeigt Hilfe auf:
  • Bereich Gesundheit und Soziales/Sozialberatung.
  • Aufsuchen einer Beratungsstelle.
  • Sie setzt eine Frist (längstens 2 Monate) zur Änderung des Verhaltens der Arbeitsmängel und sie macht deutlich, dass ohne diese Änderungen Stufe 2 des Maßnahmenkataloges eintritt.
  • Sie vereinbart einen "Zwischentermin" nach ungefähr 4 Wochen, sie gibt Feed-back, ob sich das Verhalten verändert hat.

Stufe 2

ERMAHNENDES Gespräch
Aktivitäten: Bereichsleiter:in/ Abteilungsleiter:in/ Vorstandes
Teilnehmer:innen: unmittelbare Führungskraft und die nächsthöhere Führungskraft (Bereichsleiter:in, Abteilungsleiter:in, Vorstand), Sozialberater:in, auf Wunsch Betriebsratsmitglied und der bzw. die betroffene Mitarbeiter:in. Ggf. ist die Schwerbehindertenvertretung hinzuzuziehen.

Inhalt:

Ist nach Ablauf der in Stufe 1 gesetzten Frist im Verhalten bzw. der Leistung des oder der betroffenen Mitarbeiter:in keine positive Veränderung erkennbar oder wird der oder die betroffene Mitarbeiter:in nach anfänglicher Besserung erneut auffällig, wird der Druck auf den oder die betroffene:n Mitarbeiter:in dadurch erhöht, dass ein Gespräch bei der nächsthöheren Führungskraft (Bereichsleitung, Abteilungsleitung, Vorstand) in Anwesenheit des oder der Sozialberater:in anberaumt wird. Es wird darauf hingewiesen, dass auf Wunsch des oder der betroffenen Mitarbeiter:in auch ein Mitglied des Betriebsrates zum Gespräch gebeten werden kann. Ggf. ist die Schwerbehindertenvertretung hinzuzuziehen. Der oder die betroffene Mitarbeiter:in wird mit den wiederholten Auffälligkeiten konfrontiert. Es wird deutlich gemacht, dass arbeitsrechtliche Konsequenzen nur durch bewusste und gewollte Veränderung abgewendet werden können.
Das heißt konkret:
  • Die Führungskraft bezieht sich auf das erste Gespräch. Sie zeigt erneut das Fehlverhalten die Leistungsmängel auf.
  • Sie macht deutlich, dass das Fehlverhalten im Zusammenhang mit Suchtmitteln gesehen wird.
  • Sie macht konkrete Auflagen, Hilfe in Anspruch zu nehmen, z.B. Beratung durch den Bereich Gesundheit und Soziales.
  • Sie setzt vorübergehend einen eventuellen AbAp des oder der betroffenen Mitarbeiter:in aus.
  • Sie zeigt nochmals deutlich die arbeitsrechtlichen Konsequenzen auf.
  • Sie weist darauf hin, dass in Stufe 3 unter Einbeziehung der Abteilung Personal eine Abmahnung ausgesprochen wird.
  • Sie vereinbart auch in dieser Phase eine Zweimonatsfrist, nach deren Ablauf Stufe 3 erreicht wird. Sie führt auch hier ein "Zwischengespräch" nach ca. 4 Wochen, das Aufschluss darüber geben soll, ob eine Verhaltensänderung eingetreten ist.

Stufe 3

Gespräch mit ARBEITSRECHTLICHEN KONSEQUENZEN UND AUFLAGEN
Aktivitäten der Abteilung Personal
Teilnehmer:innen: unmittelbare Führungskraft und die nächsthöhere Führungskraft, Sozialberater:in, zuständige:r Mitarbeiter:in aus dem Personaleinsatz, auf Wunsch ein Betriebsratsmitglied und der oder die betroffene Mitarbeiter:in. Ggf. ist die Schwerbehindertenvertretung hinzuzuziehen.
Weigert sich der oder die betroffene Mitarbeiter:in weiterhin, Hilfe in Anspruch zu nehmen, bzw. zeigen sich erneut Fehlverhalten und Arbeitsmängel, so veranlasst die unmittelbare Führungskraft ein Gespräch in der Abteilung Personal.

Inhalt:

Der Druck auf den oder die betroffene:n Mitarbeiter:in wird durch verschiedene Auflagen und arbeitsrechtliche Konsequenzen (Abmahnung) erhöht und er bzw. sie wird konsequent dazu aufgefordert, Hilfe in Anspruch zu nehmen, bzw. das Fehlverhalten abzustellen. Es wird darauf hingewiesen, dass auf Wunsch des oder der betroffenen Mitarbeiter:in ein Betriebsratsmitglied zum Gespräch gebeten werden kann. Ggf. ist die Schwerbehindertenvertretung hinzuzuziehen. Das heißt konkret für den oder die zuständige:n Mitarbeiter:in - Personaleinsatz zusammen mit der Führungskraft:
  • Sie erteilen die erste schriftliche Abmahnung und weisen darauf hin, dass der Arbeitsplatz des oder der Mitarbeiter:in in Gefahr ist.
Sie machen Auflagen, die die Arbeitsbedingungen betreffen, z.B.:
  • Ausschluss aus der flexiblen Arbeitszeit
  • Abbau des AbAp
  • Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am ersten Tag
  • keine Gewährung von nachträglichen Urlaubs- oder FF-Tagen, d.h., Urlaub ist im Vorfeld zu beantragen genauso wie FF-Tage
  • Sie fordern den oder die betroffene:n Mitarbeiter:in auf, ein konkretes Hilfsangebot wahrzunehmen, z.B. Aufsuchen einer Beratungsstelle oder eine Entgiftung oder Entwöhnungsbehandlung
  • Sie machen deutlich, dass in Stufe 4 eine 2. Abmahnung erfolgt
  • Sie erstellen von diesem Gespräch ein Protokoll für die Personalakte, der oder die betroffene Mitarbeiter:in erhält eine Durchschrift, diese sollte der oder die betroffene Mitarbeiter:in gegenkennzeichnen
  • Sie vereinbaren einen neuen Termin nach ca. 6 Wochen

Stufe 4

LETZTE AUFFORDERUNG
Aktivitäten der Abteilung Personal
Teilnehmer:innen: wie in Stufe 3

Inhalt:

Nimmt der oder die betroffene Mitarbeiter:in die Hilfsangebote nicht wahr und bestehen immer noch Verhaltensauffälligkeiten, bzw. Leistungsminderung, so wird in diesem Gespräch die letzte Aufforderung ausgesprochen, das Fehlverhalten abzustellen, bzw. Hilfsangebote anzunehmen.
D.h. konkret für den zuständigen Mitarbeiter:in – Personaleinsatz mit Führungskraft:
  • Sie erteilen die zweite Abmahnung.
  • Sie erstellen ein Protokoll für die Personalakte, Durchschrift an den oder die betroffene:n Mitarbeiter:in mit Gegenzeichnung.
  • Sie fordern erneut, Hilfsangebote anzunehmen.
Dieser Artikel wurde von LVM (Innendienst) erstellt und zuletzt am aktualisiert.